Die Gründung der STS AG aus Sicht von RailAway

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Die Swiss Travel System AG ist 2011 aus der Fusion zweier Abteilungen der SBB und der RailAway AG entstanden. Während sich die SBB um die Übersee-Vermarktung des Swiss Travel Passes gekümmert hat, fokussierte sich RailAway primär auf den europäischen Markt.

Im folgenden Interview beleuchtet René Kamer, Geschäftsführer der RailAway AG bis 2019, die Gründungsgeschichte der STS AG aus seiner Sicht.

René, du hast RailAway von 1999 bis 2019 geführt und warst von 2005 bis 2010 für die Vermarktung des Swiss Travel System in Europa verantwortlich. Was waren deine Hauptaufgaben?

Hauptaufgabe war die Auflösung des Konstrukts der Schweizer Bahnen Stuttgart und Gründung der RailAway GmbH am 1.Mai 2005 als hundertprozentige Tochtergesellschaft der RailAway AG zusammen mit den acht neuen Aktionären. Davon abgeleitet galt es zum einen unser neues strategisches Geschäftsfeld des Incomings unter Leitung von Ueli Röösli aufzubauen. Zum anderen wurde die Geschäftsführung der GmbH in Stuttgart mit Stefanie Walther mit ca. 20 Personen aufgegleist. Weitere Schwerpunkte waren die Erweiterung des Agentennetzes, neue innovative Angebote und Kompetenzaufbau im internationalen Geschäft, da wir uns seit der Gründung von RailAway 1999 primär um die Entwicklung im nationalen Freizeitmarkt kümmerten.

Wie habt ihr diese Aufgaben angepackt?

Dank dem uneingeschränkten Vertrauen und Unterstützung des damaligen RailAway VR-Präsidenten und heutigen SBB CEO, Vincent Ducrot, und eigener «RailAway Start up Erfahrung», konnten wir bereits im Mai 2005 die GmbH gründen. Wichtig war der Austausch mit den neuen Aktionären, Leistungspartnern und Agenten, um ihre Bedürfnisse besser kennen zu lernen. Der regelmässige Austausch und die Unterstützung der Teams führte zu schnellen Erfolgen und hoher Selbständigkeit.

Welches waren die grössten Erfolge in der Vermarktung des Swiss Travel System?

Grösster Erfolg in den fünf Jahren war sicherlich der erfolgreiche Aufbau und die Weiterentwicklung des Incomings und der GmbH in Stuttgart als Basis eines nachhaltig erfolgreichen Geschäftsmodells für die neue Swiss Travel System AG, wie auch für STC, welche die GmbH später übernahm. Quantitativ konnten wir in jenen sechs Jahren den Swiss Travel System-Umsatz in Europa von CHF 19.8 Millionen bei der Übernahme auf über 50 Millionen CHF im 2010 steigern.

Was waren dabei die grössten Herausforderungen?

Die grösste Herausforderung war zum Start sicherlich die saubere Liquidation des Vereins Schweizer Bahnen Stuttgart und die Gründung der Tochtergesellschaft und Aufbau eines neuen Incoming-Geschäftsfeldes. Das Erlangen der notwendigen internationalen Vermarktungskompetenz und der Akzeptanz in der Branche bei Aktionären und Partnern in kürzester Zeit war sehr anspruchsvoll. Schlussendlich waren die Teamentwicklung und der Teamspirit entscheidende Erfolgsfaktoren.

Aus deiner Erfahrung als CEO einer SBB-Tochterfirma: Was waren die Vor- und Nachteile, als Tochter zu agieren?

Vorteile waren sicherlich die KMU-Grösse von RailAway als SBB Tochtergesellschaft mit hoher Agilität, Selbständigkeit  und eigener Wertekultur. Ein weiterer klarer Vorteil war, dass wir uns vollumfänglich auf die Freizeitvermarktung fokussieren und somit eigenständig ein grosses Partnernetzwerk aufbauen durften. Eher nachteilig entwickelte sich in den letzten Jahren die Autonomie und Eigenständigkeit von RailAway.

2011 wurde die STS AG gegründet. Würden Sie diesen Schritt heute wieder machen?

Zu hundert Prozent, ja. Aufgrund der Bereinigung der Vermarktungs- und Distributionsstrukturen des SBB Konzerns war es der richtige Entscheid. Die neu gegründete STS AG konnte mit einem gut eingespielten Team neu weltweit die Vermarktung mit neuen Ideen und Elan angehen. Wir von RailAway konnten uns wieder auf unsere nationale Kernkompetenz in der Freizeitvermarktung fokussieren.

Wo siehst du die grössten Veränderungen in der Incoming-Vermarktung von 2005 zu heute?

Ganz klar in der weltweiten Vermarktung des einzigartigen Produktes. Dazu die Digitalisierung, der starke Ausbau des Agentennetzes weltweit, was vor der Pandemie zu jährlichen Rekordergebnissen führten.

Wo siehst du die Stärken der heutigen STS AG?

Primär im Team und den ehrgeizigen und ambitiösen Zielsetzungen. Hohe Marktkenntnisse, hohe Akzeptanz und Agilität und die Bereitschaft, Krisen wie Corona zuversichtlich und lösungsorientiert anzugehen.

Wenn du der STS AG einen Tipp für die Zukunft geben könntest, welcher wäre das?

Einen Tipp brauche ich STS als «Tourismus Oldie» nicht zu geben. Aber einen Wunsch habe ich: Bleibt so innovativ, ehrgeizig, neugierig , zuversichtlich und offen für all die Herausforderungen der nächsten Jahre. Nutzt die Chance nach Corona und führt das traumhafte STS-Produkt zurück auf die Erfolgsspur.

Interview vom 12. Februar 2021